Machine Learning im Kreditrisikomanagement (I): EBA-Konsultation zur Anwendung im IRB-Ansatz

von Johannes Raab, 2 min. Lesezeit

In Teil I unserer Beitragsreihe zur Einsatzmöglichkeit von Machine Learning im Kreditrisikomanagement informieren wir über das kürzlich veröffentlichte Konsultationspapier der Europäischen Bankenaufsicht (EBA): Darin wird die Verwendung von Machine Learning (ML) Modellen bei der Ermittlung der regulatorischen Eigenkapitalunterlegung von Kreditrisiken im IRB (auf internen Ratings basierender)-Ansatz thematisiert. Schwerpunkt ist neben der Information über Funktionsweise und Nutzen von ML-Modellen im Kreditrisikomanagement die Sensibilisierung für die Herausforderungen eines Einsatzes von ML, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der Capital Requirements Regulation (CRR). Um ML-Modelle im Einklang mit den Anforderungen der CRR zu implementieren, werden schließlich einige Empfehlungen zur Umsetzung gegeben. Durch die Ausgabe eines zum Diskussionsbeitrag passenden Fragenkatalogs möchte die EBA Feedback über die derzeitige Bereitschaft, ML im Kreditrisikomanagement einzusetzen, einholen. Die Konsultation läuft bis zum 11. Februar 2022.

Durch die exponentielle Zunahme an Datenverfügbarkeit, Speicherkapazität und Rechenleistung in den letzten Jahren sind ML-Modelle in der Lage, im Kreditrisikomanagement auf vielfältige Weise zur Verbesserung der Prognosefähigkeit beizutragen. Gemäß einem Bericht des Institute of International Finance (IIF) von 2019 wird ML im Kreditrisiko insbesondere bei der Kreditvergabe/-bepreisung, Kreditüberwachung und Kreditrestrukturierung eingesetzt. Bei der regulatorischen Kreditrisikobestimmung mittels IRB-Ansatz, im Stresstesting und bei der Risikovorsorge werden dagegen ML-Modelle bisher gemieden. Als Gründe dafür werden im IIF-Bericht hauptsächlich Komplexität und die damit einhergehende schlechte Interpretierbarkeit von ML-Modellen genannt. Es besteht die Gefahr, sogenannte „Black Box“-Modelle zu entwerfen, die weder vom Management der eigenen Bank noch einer Aufsichtsbehörde verstanden und somit auch nicht akzeptiert werden können. Anlässlich dieser Vorbehalte sieht sich die EBA in der Pflicht, über den Einsatz von ML-Verfahren aufzuklären, deren Nutzen näher zu bringen und klare Richtlinien für die Modellierung sowie Dokumentation von CRR-konformen ML-Verfahren aufzustellen.

Werden ML-Modelle richtig umgesetzt, können wesentliche Prozesse im Kreditrisiko entscheidend verbessert werden. So werden zum Beispiel bei der LGD-Prognose relevante Risikotreiber besser und umfassender identifiziert sowie Interaktionen zwischen diesen berücksichtigt. Darüber hinaus unterstützt ML bei der Datensammlung und -aufbereitung mittels geeigneter Werkzeuge zur Datenbereinigung und -qualitätssicherung. Durch ML-gestützte, automatisierte Textverarbeitung ist es möglich, neben traditionell verwendeten Daten (Bilanz- oder Marktdaten) auch unstrukturierte textuelle Daten, wie beispielsweise Unternehmensberichte, in Modelle einzuspeisen. Auf diese Weise kann die Datengrundlage erheblich vergrößert werden und neue Parameter können in die Modellspezifikationen einfließen. Auch die Validierung und das Stress-Testing von Kreditrisikomodellen können präzisiert werden, da adäquate Challenger-Modelle generiert und Effekte von Stress-Szenarien simuliert werden können.

Um die Vorteile von ML nutzen zu können, sollten folgende Empfehlungen basierend auf dem EBA-Regelwerk befolgt werden:

  • Technische Schulung von Mitarbeitern, um ein einheitliches und fortgeschrittenes Verständnis der angewandten Verfahren zu etablieren.
  • Ausführliche Dokumentation der verwendeten Parameter und ökonomischen Aussagekraft der Modelle für die Geschäftsleitung.
  • Vermeidung unnötiger Komplexität.
  • Kontinuierliche Verifizierung der Modellentscheidungen, um Richtigkeit, Vollständigkeit und Eignung zu gewährleisten.

Nagler & Company beschäftigt sich intensiv mit der Modellierung von Parametern des Kreditrisikomanagements auf Basis von ML-Modellen, sowie mit der Erklärbarkeit bzw. Interpretierbarkeit von Modellparametern und -ergebnissen. Im nächsten Newsletter-Beitrag lesen Sie mehr dazu.

Dr. Johannes Raab

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