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Regulierung von Kryptoassets in Finanzinstituten

von Viktor Schoch, Dr. Michael Kratochwil, 4 min. Lesezeit

In den letzten Jahren hatten Kryptoassets und insbesondere Kryptowährungen signifikante Mittelzuflüsse zu verzeichnen. Im November 2021 lag allein die Marktkapitalisierung von Bitcoin (BTC) bei etwa 1,06 Billionen EUR (1,21 Billionen USD), was zu diesem Zeitpunkt knapp 41,8% der Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen entsprach. Trotz der kürzlichen Marktturbulenzen im Zuge der Insolvenz einer Kryptobörse (FTX) haben sich Kryptoassets als Assetklasse etabliert. Die starken Kursanstiege der letzten Jahre und das damit verbundene Wachstum haben zunehmend das Interesse privater und institutioneller Investoren geweckt. Hierdurch hat sich auch die Rolle von Finanzinstituten im Markt für Kryptoassets gewandelt und an Bedeutung gewonnen. Inzwischen bietet eine Reihe von Banken Dienstleistungen und Finanzprodukte mit Bezug zu Kryptoassets an. Beispiele hierfür sind Wallets mit Verwahrfunktion, Kryptozertifikate, die Emmission von Krytpoassets sowie der Aufbau eigener Register für Kryptowertpapiere. Diese Entwicklung sowie die damit einhergehenden Risiken haben die Aufsichtsbehörden dazu veranlasst, die Regulierung des Marktes und der entsprechenden Assets voranzutreiben.

Im Fokus dieses Artikels stehen die Vorgaben zur aufsichtlichen Behandlung von Risiken aus Kryptoassets, mit denen sich Finanzinstitute zukünftig auseinandersetzen müssen. Auf internationaler Ebene hat der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) im Juni 2021 ein erstes Konsultationspapier zur Behandlung von Kryptoassets im Basler Rahmenwerk veröffentlicht. Das Ziel der Konsultation ist die Ergänzung des Rahmenwerks um ein entsprechendes Kapitel (SCO60: Kryptoasset Exposures). Im Juni 2022 wurde ein aktualisiertes Konsultationspapier veröffentlicht. Inzwischen sind hierzu Rückmeldungen zahlreicher Marktteilnehmenden eingegangen. In diesem Artikel wollen wir daher kurz auf die wichtigsten Aspekte sowie kritische Punkte der vorgeschlagenen Regulierung eingehen.

Kategorisierung von Kryptoassets

Ein zentrales Element der vorgeschlagenen Regulierung ist die Kategorisierung von Krytoassets auf Basis ihrer Eigenschaften (siehe Abbildung 1). Diese Zuordnung ist die Grundlage für die aufsichtliche Behandlung der entsprechenden Risikopositionen. Gruppe 1 umfasst hierbei traditionelle tokenisierte Assets (Gruppe 1a) sowie bestimmte Stablecoins (Gruppe 1b), die eine Reihe von Bedingungen erfüllen. In der ersten Konsultation war ein quantitativer Test für die Stablecoins der Gruppe 1b vorgesehen, der die Konsistenz der Kursrealisationen mit dem entsprechenden Referenzwert überprüft. Dieser Test wurde in der aktuellen Konsultation durch einen Rückzahlungsrisikotest sowie einen Basisrisikotest ersetzt. Der Rückzahlungsrisikotest soll sicherstellen, dass ausreichend Vermögenswerte vorhanden sind, um eine Rückzahlung zum Referenzwert auch in Stressperioden zu gewährleisten. Der Basisrisikotest prüft, ob eine Veräußerung des Kryptoassets zu einem Preis nahe des Referenzwertes möglich ist.

Eine weitere wesentliche Änderung im aktualisierten Konsultationspapier ist die vorgegebene Zuordnung von Kryptoassets mit algorithmischen Stabilisierungsmechanismen zur Gruppe 2. Es liegt nahe, dass diese Änderung eine Reaktion auf den Zusammenbruch des Stablecoins USTC (ehem. UST) und den damit einhergehenden Einbruch der Kryptowährung LUNC (ehem. LUNA) im Mai 2022 darstellt. Zusätzlich wird im aktualisierten Konsultationspapier eine weitere Unterteilung der Gruppe 2 eingeführt. Für eine Zuordnung in Gruppe 2a müssen Kryptoassets vorgegebene Bedingungen, beispielsweise in Bezug auf die Höhe der Marktkapitalisierung, erfüllen (Hedge- Recognition Criteria). Alle weiteren Kryptoassets, welche weder die Bedingungen der Gruppe 1 noch der Gruppe 2a erfüllen, werden der Gruppe 2b zugeordnet.

Eckpunkte der Kapitalunterlegung

Kryptoassets der Kategorie 1 werden auf Basis des bestehenden Rahmenwerks behandelt. Es erfolgt allerdings ein Aufschlag von 2,5 % auf die Risikogewichteten Aktiva (RWA). Nach Auffassung des BCBS ist die den Kryptoassets zugrunde liegende Distributed Ledger Technologie (DLT) noch unausgereift und birgt daher technologische Risiken, die nicht im aktuellen Rahmenwerk berücksichtigt sind. Diese Risiken sollen über den genannten Aufschlag Eingang in die Kapitalunterlegung finden. Der Infrastrukturaufschlag steht stark in der Kritik, da er den Anreiz zur Tokenisierung klassischer Assets reduziert. Zusätzlich erfolgt in Kategorie 1b ein Kapitalaufschlag für Stablecoins, die die Anforderungen des Basisrisikotests nur knapp erfüllen.

Das Exposure in Bezug auf Kryptoassets der Kategorie 2 wird auf 1 % des Kernkapitals (Tier 1) begrenzt. Hierbei ist das Brutto-Exposure ohne Diversifikations- und Netting-Effekte ausschlaggebend. Die Marktrisiken aus Kryptoassets der Kategorie 2a werden mit einem modifizierten Standardansatz behandelt. Dabei werden 100 % der Netto-Position mit Kapital unterlegt. Derivate auf Kryptoassets der Kategorie 2a werden mit den bereits vorhandenen Ansätzen des Rahmenwerks behandelt. Die Exposure-Ermittlung für das Kontrahentenrisiko erfolgt auf Basis eines angepassten Standardansatzes auf Basis des SA-CCR. Das regulatorische Eigenkapital für das CVA-Risiko wird unter Verwendung des Basis-Ansatzes (BA-CVA) ermittelt. Eine Anwendung des sensitivitätsbasierten Standardansatzes (SA-CVA) ist nicht gestattet. Kryptoassets der Kategorie 2b werden mit einem Risikogewicht von 1.250 % belastet. Dies entspricht einer vollständigen Unterlegung des Exposures mit Eigenkapital. Dabei werden Netting- und Diversifikationseffekte nicht berücksichtigt. Es erfolgt in der Kapitalunterlegung somit keine Unterscheidung verschiedener Risikoarten. Für die Ermittlung der RWA ist die folgende Formel anzuwenden:

RWA = 1.250 % · max [|long exposure|,|short exposure|]

Die RWA der Gruppe 2b Kryptoassets werden als Kreditrisiko- RWA berichtet.

Weitere Anforderungen und Vorgaben

Im Rahmen der Betrachtung des Liquiditätsrisikos sind Kryptoassets in Gruppe 1a als High Quality Liquid Assets (HQLA) einzustufen, insofern der zugrundeliegende traditionelle Vermögenswert ebenfalls die HQLA-Zulassungskriterien erfüllt. Darüber hinaus hängen zusätzliche Regelungen für die Liquidity Coverage Ratio (LCR) und Net Stable Funding Ratio (NSFR) von der Kryptoasset-Klassifizierung ab. Die Kapitalanforderung für operationelle Risiken wird auf Basis des Standardansatzes (Basisindikatoransatz) ermittelt. Die Einbeziehung der Aktivitäten mit Kryptoasset-Bezug erfolgt dabei sowohl im Business Indicator als auch im Internal Loss Multiplier. Neben den konkreten Anforderungen an die Mindestkapitalanforderung sowie die Behandlung von Kryptoassets in den verschiedenen Risikoarten enthält das Konsultationspapier auch Ausführungen zur Offenlegung oder dem aufsichtsrechtlichen Überprüfungsprozess.

Fazit und Ausblick

Die Konsultationen des BCBS zur Behandlung von Kryptoassets sind auf großes Interesse gestoßen. Allein zum zweiten Konsultationspapier gingen mehr als 50 Rückmeldungen mit umfangreichen Kommentaren und Einschätzungen zur vorgeschlagenen Regulierung ein. Insgesamt werden die Vorschläge des BCBS als zu konservativ eingeschätzt, wodurch den Finanzinstituten der Marktzugang deutlich erschwert wird. Inzwischen hat das BCBS auch das Basel III Monitoring um eine Sektion zur Berichterstattung von Kryptoasset- Exposures erweitert. Es ist davon auszugehen, dass die daraus gesammelten Daten in die Finalisierung und Kalibrierung des finalen Rahmenwerks eingehen werden. Auch im Rahmen der Überarbeitung der Capital Requirements Regulation (CRR III) hat die Regulierung von Kryptoassets bereits Eingang gefunden. Die Europäische Kommission wird im Zuge der Überarbeitung mit einer Überprüfung des regulatorischen Rahmens für Kryptoassets bis zum 31. 12. 2025 beauftragt. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Behandlung von Kryptoassets im aufsichtlichen Kontext auch in den nächsten Jahren ein vieldiskutiertes Thema sein wird. Der lange Zeithorizont bis zur Finalisierung der regulatorischen Vorgaben auf Europäischer Ebene birgt Risiken und Unsicherheit für Institute, die bereits heute entsprechende Geschäftsaktivitäten betreiben. Wir freuen uns auf eine Gelegenheit für einen Austausch zum vorgeschlagenen Regulierungsrahmen für Kryptoassets und sind gespannt auf Ihre Einschätzungen und Fragestellungen.

Viktor Schoch

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Dr. Michael Kratochwil

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