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CRR III: Erste Analyse und Einschätzung zum Entwurf der EU-Kommission

von Dr. Michael Kratochwil, 3 min. Lesezeit

Im Rahmen des neuen Bankenpakets hat die Europäische Kommission am 27. Oktober 2021 neben weiteren Regularien den Entwurf zur Anpassung der Kapitaladäquanzverordnung (CRR III) vorgelegt. Die Überarbeitung des Regelwerks ist Teil der finalen Umsetzung von Basel IV in der Europäischen Union und beinhaltet weitreichende Änderungen in Bezug auf die Ermittlung der Eigenkapitalanforderung für Finanzinstitute. Mit der Umsetzung der CRR III kommt es unter anderem zu umfassenden Veränderungen in der Berechnung der Eigenmittelanforderungen für Marktrisiken, Kreditrisiken, operationellen Risiken sowie des CVA-Risikos.

Marktrisiko

Die Umsetzung des Fundamental Review of the Trading Book (FRTB) für Marktrisiken war bereits Teil der CRR II. Seit dem 30.09.2021 besteht für Institute, die vorgegebene Schwellenwerte übersteigen, eine Berichtspflicht in Bezug auf die Ergebnisse unter dem FRTB-Standardansatz (FRTB-SA). Mit der Einführung der CRR III werden die neuen Ansätze und Regelungen des FRTB (inklusive der neuen Handelsbuchabgrenzung) für die Eigenkapitalermittlung zum Januar 2025 umgesetzt. Es ist zu beachten, dass die CRR III eine Reihe von Anpassungen, Detaillierungen und Ergänzungen in Bezug auf die relevanten Artikel beinhaltet. Diese sind bei der finalen Umsetzung der Anforderungen zu berücksichtigen und führen trotz der bereits bestehenden Berichtspflicht ggf. zu Umsetzungsaufwänden.

Kreditrisiko

In Übereinstimmung mit den Vorschlägen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS) wurde der Kreditrisikostandardansatz (KSA) vollständig überarbeitet sowie der Geltungsbereich des auf internen Ratings basierenden Ansatzes (IRB) eingeschränkt. Bei der Überarbeitung des KSA weicht der Entwurf der EU-Kommission in Teilen von den Standards des BCBS ab (z.B. höhere Granularität der Risikogewichte für Spezialfinanzierungen, Nicht-Umsetzung des quantitativen Granularitäts-Kriteriums für Retail-Forderungen). Zudem werden – abweichend von den Baseler Vorgaben – der KMU- und der Infrastruktur-Unterstützungsfaktor beibehalten.

OpRisk

Eine Verwendung interner Modelle für die Bestimmung der Eigenkapitalanforderung für das operationelle Risiko ist erwartungsgemäß unter den Vorgaben der CRR III nicht mehr möglich. Es wird ein neuer einheitlicher Standardansatz auf Basis eines Geschäftsindikators eingeführt, der institutsspezifische Ergebniskomponenten berücksichtigt. Allerdings geht die Verlusthistorie der Institute, abweichend vom Vorschlag des BCBS, nicht in die Eigenkapitalermittlung ein. Diese muss von Instituten mit einem Geschäftsindikator ab 750 Millionen Euro dennoch im Rahmen der Offenlegung zur Verfügung gestellt werden. Damit gibt die Kommission einen geringeren Schwellenwert vor als der Baseler Ausschuss (1 Milliarde Euro).

CVA-Risiko

In Einklang mit den Vorschlägen des BCBS wird im Rahmen der CRR III ein neuer sensitivitätsbasierter Standardansatz (SA-CVA) zur Ermittlung des Eigenkapitals für das CVA-Risiko (CVA-RCC, CVA-Risk Capital Charge) eingeführt. Zusätzlich wird ein neuer Basisansatz (BA-CVA) für Institute, welche die Anforderungen an die Anwendung des SA-CVA nicht erfüllen, aufgenommen. Darüber hinaus wird der Geltungsbereich für die Berechnung der CVA-RCC, insbesondere in Bezug auf Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (SFTs), detailliert. In Artikel 382 wird eine neue Berichtspflicht für das CVA-Risiko von Transaktionen, die von der Berechnung der Eigenkapitalanforderung ausgeschlossen sind, definiert. Dies führt zu zusätzlichen Aufwänden für Institute bei der Berechnung der CVA-RCC.
Es ist hervorzuheben, dass der vom BCBS vorgeschlagene „Minimum Haircut Approach“ für die Behandlung von SFTs in der CRR III nicht aufgenommen wurde. Stattdessen wird die Prüfung der Angemessenheit des Ansatzes und die Analyse der Auswirkungen seiner Einführung an die Aufsichtsbehörden EBA und ESMA delegiert (siehe Artikel 519c).

Output-Floor

Zusätzlich zu den spezifischen Anpassungen je Risikoart beinhaltet der Entwurf die Umsetzung eines Output-Floors. Dieser begrenzt den Vorteil aus der Anwendung interner Modelle für die Eigenkapitalermittlung auf Basis der Ergebnisse aus den entsprechenden Standardansätzen. Im finalen Entwurf wird auf eine aggregierte Untergrenze abgestellt. Diese wird über alle Risikoarten hinweg berechnet. Der Output-Floor wird gem. Artikel 465 CRR III über einen Zeitraum von 5 Jahren bis zum 31.12.2029 eingeführt.

In der CRR III werden neben den genannten Aspekten auch aktuelle Fragestellungen wie die Definition, Berücksichtigung und Berichterstattung von ESG-Risiken (Environmental, Social, Governance), oder die aufsichtliche Behandlung von Krypto-Assets aufgegriffen. Es handelt sich bei den entsprechenden Passagen allerdings mehrheitlich um allgemeine Ausführungen und die Formulierung entsprechender Mandate an die EBA. Neben diesen findet sich in der CRR III eine Reihe weiterer Mandate zur Analyse offener Fragestellungen an verschiedene Aufsichtsbehörden. Hierdurch werden weitreichende Aspekte der Regulierung in den Verantwortungsbereich der operationellen Aufsichtsbehörden verschoben und zeitlich verzögert finalisiert. Einerseits stellt dieses Vorgehen die Flexibilität des regulatorischen Rahmenwerks sicher, andererseits führt die fehlende Detaillierung im Rahmen der CRR III zu Unsicherheiten und Risiken in der Umsetzung.

Auf Basis des aktuellen Entwurfs sowie des sich anschließenden Legislativprozesses ist von einer erstmaligen Anwendung der CRR III frühestens im Jahr 2025 auszugehen. Der erweiterte Umsetzungszeitraum gibt Instituten mehr Zeit für die Implementierung der Anforderungen. Allerdings führt der Parallelbetrieb alter und neuer Ansätze, wie beispielsweise die Berichtspflicht im Marktrisiko, zu zusätzlichen Aufwänden in den nächsten Jahren. Es ist zu beachten, dass der Entwurf eine Reihe von Übergangsvorschriften enthält. Dies führt dazu, dass sich die vollständige Einführung der CRR III bis zum Jahr 2030 oder in Teilen sogar 2033 erstrecken wird. Neben temporären Sonderregelungen bei der Berechnung des Output-Floors sind hier insbesondere eine stufenweise Einführung der erhöhten Risikogewichte für Beteiligungen sowie die Kapitalanforderung für nicht gezogene, jederzeit kündbare Kreditlinien zu erwähnen.

In den wesentlichen Inhalten folgt der Entwurf zur CRR III den Vorschlägen des BCBS. Es ist allerdings festzuhalten, dass die EU-Kommission einige Anpassungen bei der Ausgestaltung methodischer und technischer Details vorgenommen, sowie wichtige inhaltliche Aspekte delegiert hat. Die weitreichenden Anpassungen der regulatorischen Standardansätze sowie die Einführung des Output-Floors führen zu Implementierungsaufwänden bei allen Instituten, unabhängig von den verwendeten Methoden. Darüber hinaus wird die Einführung der CRR III auch einen signifikanten Einfluss auf die Höhe der Kapitalanforderungen haben. Gerne stehen wir zu einem Austausch bezüglich der Herausforderungen und Auswirkungen der CRR III-Umsetzung bereit. Wir freuen uns auf den Austausch und sind gespannt auf Ihre Einschätzungen und Fragestellungen.

Dr. Michael Kratochwil

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