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Credit Spread Risk in the Banking Book (CSRBB): Neue Anforderungen aus der Überarbeitung des IRRBB Frameworks

von Dr. Michael Kratochwil, Robert Ehlers, Alexander Mitirev, 5 min. Lesezeit

In den bestehenden europäischen Richtlinien zur Behandlung von Zinsrisiken im Bankbuch (IRRBB), spielt das Credit-Spread Risiko im Bankbuch (CSRBB) bisher eine untergeordnete Rolle. Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) hat CSRBB bereits im Jahr 2016 in den entsprechenden Standard integriert. Dahingegen hat die Europäische Bankenaufsicht (EBA) in ihrer 2018 veröffentlichten IRRBB-Richtlinie (EBA/ GL/2018/02) dem Thema eine, im Vergleich zu IRRBB, geringere Bedeutung zugemessen. Demnach finden sich dort lediglich allgemein formulierte Anforderungen, während eine konkrete Ausgestaltung bisher fehlte. Dies ändert sich mit der aktuellen Überarbeitung des regulatorischen Rahmenwerks für IRRBB. In diesem Zug wird CSRBB explizit in die Richtlinie für IRRBB integriert. Hierdurch ergeben sich umfangreiche Anforderungen für alle europäische Finanzinstitute sowie ein entsprechender Analyse- und Implementierungsbedarf.

Regulatorische Einordnung und Überblick

Aktuell befindet sich die Überarbeitung der regulatorischen Anforderungen für IRRBB und CSRBB noch in der Konsultationsphase. Im Dezember letzten Jahres hat die EBA hierzu drei Konsultationspapiere veröffentlicht (siehe Abbildung 1). Gemeinsam mit den technischen Implementierungsstandards (ITS) zur Offenlegung von Zinsrisiken im Bankbuch (EBA/ IT/2021/07) bilden die Dokumente das überarbeitete Rahmenwerk für IRRBB und CSRBB. Die Implementierung der neuen Anforderungen stellt den Abschluss der Umsetzung des BCBS Standards aus dem Jahr 2016 auf europäischer Ebene dar.

Nächste Schritte und erwarteter Zeitplan

Die Konsultationsphase läuft bis zum 04. April 2022. Aktuell werden im Rahmen einer Quantitative Impact Study (QIS) die potenziellen Auswirkungen auf europäische Finanzinstitute erfasst. Die Ergebnisse werden anschließend bei der Finalisierung der Anforderungen sowie zur Kalibrierung verschiedener Schwellenwerte herangezogen. Aktuell ist keine verlässliche Aussage zum weiteren Zeitplan (Finalisierung, Veröffentlichung, Inkrafttreten, Anwendung) möglich. Auf Basis bisheriger Erfahrungen ist davon auszugehen, dass die neuen Anforderungen ab Ende 2023 anzuwenden sind. Die Aufsicht strebt dabei an, die drei Konsultationspapiere im Gleichlauf zu finalisieren.

Wesentliche Neuerungen im Überblick

Der Fokus dieses Artikels liegt auf den Anforderungen und Fragestellungen zu CSRBB. Dennoch geben wir im Folgenden einen kurzen Überblick über die wesentlichen Neuerungen in den Konsultationspapieren:

  • IRRBB / CSRBB Guideline:
    Die Anforderungen hinsichtlich IRRBB sind weitestgehend unverändert im Vergleich zur bestehenden Guideline. In Bezug auf IRRBB enthält die neue Fassung eine Reihe von Klarstellungen und Konkretisierungen, wie beispielsweise die Einführung eines Caps für die Modellierung von Non-Maturity Deposits (NMDs) oder die Festlegung objektiver Kriterien für die Beurteilung von IRRBB Ansätzen. Eine wesentliche Anpassung betrifft die Defintion des Net Interest Income (NII), welche in der neuen Form auch Marktwertveränderungen beinhaltet. Auf die neuen Anforderungen zum CSRBB gehen wir im weiteren Verlauf des Artikels gesondert ein.
  • Supervisory Outlier Test (SOT):
    Die regulatorischen Anforderungen und Vorgaben zum SOT wurden aus der bestehenden IRRBB-Guideline herausgelöst und in einen neuen RTS überführt. In Bezug auf den SOT für Economic Value of Equity (EVE) enthält der RTS minimale Änderungen. Die wichtigste Neuerung ist die Einführung eines SOT für die periodische Betrachtung (NII). Hierfür enthält das Konsultationspapier in Bezug auf Methodik und Kalibrierung mehrere Optionen.
  • IRRBB-SA:
    Der RTS legt einheitliche Standardansätze für die NII und EVE Berechnung fest. Im Gegensatz zu anderen Risikoarten besteht keine Verpflichtung zur Implementierung.

Die Anwendung kann dennoch angeordnet werden, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde die internen Methoden und Verfahren eines Instituts als nicht adäquat beurteilt. Die Analyse und Betrachtung der IRRBB Standardansätze kann unabhängig von der tatsächlichen Anwendung dennoch als Ausgangspunkt für die Konzeption interner Ansätze oder zu deren Validierung als Benchmark herangezogen werden.

Neue Anforderungen zum CSRBB

Die neue Richtlinie enthält Ausführungen zur Definition, zum Umfang sowie zur Messung und zum Risikomanagement. Die Anforderungen orientieren sich aber mehrheitlich am BCBS Vorschlag sowie den bestehenden Vorgaben zu IRRBB. Für das CSRBB sind im Gegensatz zum IRRBB kein SOT, keine regulatorischen Szenarien sowie kein Standardansatz vorgesehen. Die Anforderungen ergeben sich ausschließlich aus der neuen EBA Richtlinie.

CSRBB: Definition

Die CSRBB Definition der EBA folgt im Wesentlichen den Vorschlägen des BCBS. CSRBB umfasst damit das Risiko aus den Veränderungen von Market Credit- und Market Liquidity- Spreads. Der Market Credit-Spread repräsentiert dabei den Marktpreis für die Übernahme des allgemeinen Kreditrisikos. Idiosynkratische Spread-Komponenten sowie Rating-Migrationen sind grundsätzlich nicht enthalten, um eine Abgrenzung zur Unterlegung von Kreditrisiken zu schaffen. Es besteht allerdings die Option, bei der CSRBB Betrachtung auch idiosynkratische Spread-Komponenten zu berücksichtigen. Bedingung hierfür ist, dass dieses Vorgehen eine konservative Betrachtung darstellt. Abbildung 2 veranschaulicht die Abgrenzung verschiedener Spread-Komponenten sowie die CSRBB Definition.

CSRBB: Relevante Positionen

Grundsätzlich sind alle Positionen relevant, die eine Credit- Spread Sensitivität und damit eine potenzielle Auswirkung auf EVE oder NII haben. Während in der bestehenden Richtlinie ausschließlich Positionen der Aktivseite (Assets) relevant waren, bezieht sich der Umfang zukünftig auf alle Vermögenswerte, Verbindlichkeiten sowie außerbilanzielle Positionen. Somit müssen Institute alle Positionen im Hinblick auf ihre Credit-Spread Sensitivität überprüfen. Auf Basis dieser Überprüfung definiert jedes Institut individuell den Umfang für die CSRBB Betrachtung. Die Überprüfung muss unabhängig von der bilanziellen Behandlung der Positionen stattfinden.

Bereits ausgefalle Positionen müssen nicht berücksichtigt werden. Den Mindestumfang stellen Positionen dar, die zum Fair Value bewertet werden und eine entsprechende Credit- Spread Sensitivität in Bezug auf EVE oder NII aufweisen. Die Richtlinie der EBA fordert eine ausführliche Begründung und Dokumentation jeglicher Ausschlüsse.

Zur Umsetzung der Richtlinie ist eine umfangreiche Analyse aller genannten Positionen notwendig. Im Fokus dürfte dabei insbesondere das kommerzielle Geschäft der Aktiv- und Passivseite stehen, sowie weitere Positionen, die aktuell noch nicht Teil der Betrachtung des Credit-Spread Risikos sind. Es bleibt abzuwarten, ob sich in Bezug auf bestimmte Produkttypen (z. B. Kredite an Unternehmen) ein Marktstandard für die Berücksichtigung im CSRBB entwickeln wird. In der aktuellen QIS zum Basel III Monitoring werden teilnehmende Banken bereits gebeten, eine erste Abschätzung zur CSRBB Relevanz verschiedener Geschäfte der Aktiv- und Passivseite auf qualitativer Basis abzugeben.

CSRBB: Bewertung und Management

Insgesamt entsprechen die Anforderungen an die Bewertung und das Management des CSRBB den Vorgaben des IRRBB. Dies trifft unter anderem auf die Prozesse zur Identifizierung, Messung, Überwachung und Steuerung von CSRBB zu. Auch die Anforderungen an Governance, Strategie sowie die interne und öffentliche Berichterstattung orientieren sich an den IRRBB Vorgaben. Aus methodischer Sicht umfasst die quantitative Bewertung des CSRBB eine barwertige (EVE) und periodische (NII) Komponente. Insgesamt bleiben die Ausführungen zu den Methoden sehr allgemein und wenig konkret. Bei der methodischen Behandlung von Credit-Spread Risiken im Bankbuch sowie der Modellierung und Abgrenzung einzelner Spread-Komponenten bestehen nach unserer Erfahrung große Unterschiede zwischen den Instituten. Daher kommt es den Instituten entgegen, dass die Richtlinie explizit die Verwendung eigener Ansätze ermöglicht, wenn diese im Hinblick auf die spezifischen Risiken und die Komplexität angemessen sind. Dennoch müssen voraussichtlich neue Produktarten und Positionen in die Szenario- und Risikorechnung integriert werden, was zu konzeptionellen, methodischen sowie technischen Herausforderungen hinsichtlich der Datenanbindung und -verfügbarkeit führen wird. Die notwendige Erweiterung der bestehenden NII-Rechnung auf CSRBB wird aus unserer Sicht ebenfalls maßgeblich zum Implementierungsaufwand beitragen.

Fazit und Ausblick

Das Konsultationspaket der EBA umfasst eine Reihe wesentlicher Änderungen und Ergänzungen. Hierbei sind insbesondere die Aufnahme eines neuen NII SOT sowie die neuen Anforderungen zum CSRBB hervorzuheben. Es ist davon auszugehen, dass die vielfältigen Anpassungen zu umfangreichen Analyse- und Implementierungsaufwänden für die Institute führen werden. Im Hinblick auf den weiteren Zeitplan sind verlässliche Aussagen aktuell nicht möglich. Aufgrund des Umfangs und der Komplexität der Anpassungen ist es unserer Meinung nach notwendig, dass sich Institute frühzeitig mit der Thematik auseinandersetzen. Hierzu kann unter anderem die Beteiligung an der Konsultation, die Teilnahme an der QIS sowie die aktive Diskussion in Industriegremien und Verbänden förderlich sein.

Insgesamt gehen wir im weiteren Verlauf davon aus, dass keine tiefgreifenden Änderungen an den Inhalten der Konsultationspapiere vorgenommen werden. Somit sind interne Vorbereitungen und Analysen bereits zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll. Als Startpunkt empfiehlt sich eine Gap-Analyse zum Abgleich der aktuellen internen Verfahren mit den regulatorischen Anforderungen sowie eine quantitative Auswirkungsanalyse in Bezug auf die Anpassungen des SOT.

In Bezug auf das CSRBB sollte die Identifikation relevanter Positionen am Anfang der Analyse stehen. Die Art und Menge der relevanten Positionen werden einen großen Einfluss auf die Implementierung der entsprechenden Verfahren für die EVE und NII Berechnung haben. Zudem erwarten wir in diesem Bereich, aufgrund fehlender konkreter Vorgaben und Marktstandards, kontroverse Diskussionen im Hinblick auf die Behandlung des kommerziellen Geschäftes und außerbilanzieller Positionen.

Durch den Mangel an konkreten Umsetzungsvorgaben in den Konsultationspapieren kommt der institutsspezifischen Analyse und Auslegung der offenen Fragestellungen eine besondere Bedeutung zu.

Nagler & Company steht Ihnen dabei gerne als Ansprechpartner für den fachlichen Austausch sowie die Durchführung von Analysen und Umsetzungsprojekten zur Verfügung. Wenn Sie Fragen zu den neuen Anforderungen oder spezifischen Fragestellungen in Ihrem Haus haben, kontaktieren Sie uns gerne.

Dr. Michael Kratochwil

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Robert Ehlers

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Alexander Mitirev

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